Vorwort Jörg Langenberg Bleckenstedt 1976-2000 Silke Westphal 2002-2011 Speculation
Atomsemiotik
2011-2023 Ursula Schönberger

DER ANFANG

VOM ENDE

BIOGRAFIE

Jörg Langenberg wuchs in Bleckenstedt auf, wo er auch die Grundschule besuchte. Seine weiterführende Schulbildung absolvierte er in Lebenstedt, bevor er Elektrotechnik in Braunschweig studierte. Nach seinem Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, unter anderem bei der IBM Deutschland GmbH sowie bei mehreren Bauunternehmen als Bauleiter. Politisch engagierte er sich lange in Bleckenstedt. Als Mitglied der SPD war er zehn Jahre stellvertretender Ortsbürgermeister. Seit etwa zehn bis zwölf Jahren widmet er sich seiner Rolle als Ortsheimatpfleger, einer Tätigkeit, die ihm besonders am Herzen liegt. Mit der aktiven Politik hat er sich inzwischen zurückgezogen und konzentriert sich auf sein Hobby, die Pflege und Dokumentation der lokalen Geschichte.

Sie haben die Geschichte des Schachtes von Anfang an miterlebt?

Von Beginn an, als schon das erste Loch gegraben wurde. 1956 war das, glaube ich. Da ging es hier los. Von da an habe ich die ganze Entstehung mitbekommen. Meine Eltern hatten hier in Bleckenstedt einen Gasthof, in dem die Leute, die im Schacht tätig waren, verkehrten und zum Teil wohnten. Wodurch ich einen sehr guten Kontakt zu den Menschen hatte, die den Schacht geteuft haben. Als Kind durfte ich auch mal mit runterfahren in die – ich weiß nicht, in welcher Tiefe ich da war – ich glaube, es waren so 500-600 Meter. Ich habe also auch mitbekommen, dass es sehr, sehr große Wassereinbrüche gegeben hat und dass man kurz davor war, den Bau des Schachtes aufzugeben. Um es dann an anderer Stelle neu zu versuchen. Man hat dann modernste Pumpen entwickelt, die dann diesen Wassermassen, die da unten einbrachen, Herr wurden. So hat man es trotzdem geschafft, den Schacht da runterzubringen, auf 1250 Meter. Das heißt, dass man die Schachthauer – die haben sich strikt dagegen gewehrt Bergleute genannt zu werden. Schachthauer und Bergleute sind was ganz verschiedenes, habe ich damals gelernt. Egal – Jedenfalls, ich habe die Geschichte mitbekommen und bis zum Ende mitverfolgt. Bis dann die unselige Entscheidung des damaligen Betriebsrates getroffen wurde, die Grube eventuell als Atommülllager zu verwenden. Und dann hatte sich hier eigentlich relativ schnell Widerstand formiert, der bis heute, durch die AG Schacht KONRAD, sehr aktiv ist. Ich bin selber in der Arbeitsgemeinschaft und würde es nicht gut finden, wenn hier Atommüll eingelagert würde. Das würde ich überhaupt nicht gut finden!

Wie ist die Entstehungsgeschichte des Schachtes im Zusammenhang mit dem Ort zu sehen?

Ja, also es war ja so: es ist bekannt, dass hier ein riesiges Eisenerzlager besteht, das bis nach Gifhorn reicht und qualitativ gutes Eisenerz beinhaltet. Und man hatte Bleckenstedt gewählt, da es sehr nah an den Eisenhüttenwerken, der Salzgitter AG liegt. Man hatte also keine großen Transportwege. Nur leider hat man nicht bemerkt, dass man sich genau am Ende des Eisenerzlagers befindet. Es war also eine glatte Fehlentscheidung. Aber es wirkte sich durchaus als Segen für Bleckenstedt aus. Sehr viele Leute haben hier Arbeit gefunden. Es gab nur Positives, eigentlich. Bis dann besagte Entscheidung viel, das als Atommüllgrube zu nutzen, weil die Eisenerzlage erschöpft war und man nicht mehr weiter fördern konnte. Und ja, dann begann der Anfang vom Ende.

Spielt es für Sie eine Rolle, wer die Entscheidung getroffen hat, hier ein Endlager zu bauen?

Der Betriebsrat des Schachtes hatte ja nur einen Vorschlag gemacht. Der konnte es nicht entscheiden, es gehörte ihm ja nicht und bestimmt hat es letztlich der Staat. Also ich kann Ihnen keinen nennen, der gesagt hat: „So, Schacht KONRAD wird jetzt Atommüllager.“

Sie hatten bereits die Wassermassen erwähnt, denen man da unten begegnet ist. Bei unserem letzten Gespräch hatten Sie auch von Problemen mit der Tonschicht gesprochen.

Die Tonschicht soll die Nuklide zurückhalten, die von da unten hochkommen würden. Aber diese Tonschicht ist durch verschiedene Bohrungen durchlöchert worden. Die kann also gar nicht schützen, weil sie an 1000 Stellen durchbrochen worden ist und die Nuklide dort durchkommen würden. Also der vollkommene Schutz? – das ist Quatsch. Den gibt es hier nicht. So wird es uns aber erzählt.

Können Sie heute Ihre Erfahrungen aus der Entstehung des Schachtes mit einbeziehen, wenn es darum geht, dass er heute umfunktioniert werden soll?

Ja, wie schon gesagt: Ich habe die Entstehung des Schachtes von Anfang an mitbekommen und war durchaus auf dem Laufenden – auch technisch. Also da konnte mir keiner mehr so ganz viel erzählen. Auch in der Schule nicht, da ich mit den Fachleuten, den sogenannten Steigern und Schachthauern, guten Kontakt hatte. Und ich auch selber mit da unten war und gesehen habe, was da passiert. Also so gesehen, bin ich in Sachen Schachterschließung gut informiert. Und daher weiß ich auch, dass früher sehr, sehr viele Bohrungen stattgefunden haben – es gab ringsherum Erkundungsbohrungen, die diese Tonschicht mit Sicherheit durchlöchert haben. Genauso die Bohrturmleute, wie gesagt, meine Eltern und Großeltern hatten einen Gasthof, verkehrten bei uns. Daher bin ich mit sechs Jahren schon auf dem Bohrturm rumgekrabbelt. So ein Ding war ja immerhin auch 25 Meter hoch. Von dort hatte man einen wunderschönen Ausblick. So gesehen, bin ich in die Entwicklung ziemlich früh involviert worden.

Sie hatten auch erwähnt, dass das Wasser von dort unten, vermutlich im nächsten Ort wieder aus der Erde kommt.

Könnte durchaus sein, weil niemand bereit ist, diese geologischen Schichten mal nach dem neuesten Stand der Technik, der heutigen Technik, zu untersuchen. Das ist eben die Forderung der AG Schacht KONRAD. Das doch mal zu untersuchen, wo kommen diese Schichten wirklich raus? Es kann durchaus sein, dass sich das so verhält, dass diese wasserführenden Schichten schon im nächsten Ort zutage treten – also nicht mit plätscherndem Wasser, aber dass sie zumindest an die Oberfläche kommen.

Sie haben bereits erwähnt, dass es das Stahlwerk schon gab, bevor der Schacht erschlossen wurde.

Ja, die sogenannten Hermann Göring Werke. Die man damals hier errichtet hat, als Entscheidung des nationalsozialistischen Regimes. Da hat man schon gewusst, dass es dieses Eisenerzvorkommen gibt, bestimmt. Aber daran gedacht, es auszubeuten, hatte man sicherlich noch nicht.

Wie ist die umliegende Industrie, wie zum Beispiel die Salzgitter AG, im Kontext der Geschichte des Ortes zu sehen?

Sagen wir mal so: Die Geschichte von Bleckenstedt hätte für die Bleckenstedter sehr negativ enden können, wären die Nationalsozialisten an der Macht geblieben. Es war geplant, hier ein riesiges Werk zu bauen. Das, was die Nazis gebaut haben, die Hermann Göring Werke, waren ja nur ein Viertel von dem, was es eigentlich mal werden sollte. Dann wäre Bleckenstedt weg gewesen; hätte es nicht mehr gegeben. So gesehen sind wir froh, dass es so geendet ist. Abgesehen davon war Bleckenstedt immer irgendwie durch die Salzgitter AG geprägt, weil dort sehr viel gebaut wurde und sehr, sehr viele Leute Arbeit gefunden haben.

Abgesehen vom Stahlwerk hat sich hier noch andere schwere Industrie angesiedelt. Ging damit ein Versprechen von Arbeitsplätzen einher?

Also Bleckenstedt selbst hat also niemand etwas versprochen. Aber wenn man die Stadt Salzgitter als solche heranzieht, dann war es sicherlich ein Segen, dass sich hier rund um die Salzgitter AG doch sehr viele Betriebe angesiedelt haben. Wie zum Beispiel auch VW, die ja nicht hierher gekommen sind, weil hier so liebe Leute wohnen, sondern weil sie dann direkt ihre Bleche für die Autoproduktion von der Salzgitter AG beziehen konnten. Also es gab hier keine Arbeitslosigkeit in dem Sinne. Und Negatives? Also nur, wenn in Schacht KONRAD Atommüll eingelagert würde. Das wäre also echt eine negative Entwicklung für Bleckenstedt.

Dennoch ist Bleckenstedt von Vielem umgeben, was als störend empfunden werden könnte. Besonders bei Nacht fällt auf, dass der Himmel von überall erleuchtet wird. Seien es die Fabriken, die Autobahn, die vielen Baustellen oder der Windpark.

Zum Windpark kann ich Ihnen sagen: Es stört niemanden. Er ist ja doch relativ weit weg, so dass wir keine Störgeräusche wahrnehmen. Stören tun manchmal die Geräusche der Salzgitter AG – schmutzige Luft kann ich ja nicht mehr sagen. Da wurden inzwischen Gesetze erlassen, so dass die Industrie keinerlei Emission mehr freisetzen darf, was die Sauberkeit der Luft anbetrifft. Daher geht das eigentlich – aber stinken tut es trotzdem. Unabhängig davon, was für Inhalte da drin sind in der Luft. Und einige Bleckenstedter empfinden die Geräusche der Autobahn und der Industriestraße Nord sehr stark. Also sagen wir mal so: es ist hier kein Paradies – kein Ort, der zum Urlaub machen einlädt oder so. Ganz bestimmt nicht. Aber die meisten Leute stört es so nicht weiter und die wohnen hier ganz gerne. Es gibt ja auch ein großes Neubaugebiet, wo die Menschen durchaus gerne leben. Die alten Bleckenstedter haben sich mit der Situation abgefunden. Denke mal, sie sind froh, dass sie einigermaßen unbehelligt leben können. Und sonst? Ich weiß nicht, ob ich hier wohnen bleiben werde – wahrscheinlich nicht!

Sie haben erwähnt, dass mittlerweile Gesetze zur Regulierung erlassen wurden.

Ja! Oh ja! Die Gesetze sind ja alle nach und nach erst entstanden. Wenn Sie früher mit dem Fahrrad nach Hallendorf gefahren sind, da war hier Dreck in der Luft. Es war ähnlich wie im Ruhrgebiet. Man konnte die Wäsche bei bestimmten Windrichtungen nie raushängen und es flogen einem richtig dicke Dreckklumpen in die Augen. Man hätte eigentlich eine Schutzbrille aufsetzen müssen, wenn man mit dem Fahrrad fuhr. Aber das ist durch die neuen Gesetze ja alles unterbunden worden, weil man die Industrie gezwungen hat, Filter einzubauen.

Das klingt so, als würden die Umstände heute in Relation zu früher nicht so stark auffallen.

Wobei, eine Autobahn emittiert ja auch Dreck, Auspuffgase und Geräusche. Die Leute hier merken das nicht, aber je weiter man nach Westen geht, desto mehr hören die die Autobahn. Sicher gewöhnt man sich daran, aber eine Belastung ist es alle mal. Genau wie jetzt die neue 400.000 Volt-Leitung, die uns hier vor die Nase gesetzt wird, deren Magnetfelder wir mit Sicherheit abkriegen. Das ist dann halt so, wird aber herunter geredet. Das merke man ja gar nicht. Aber das kann mir kein Mensch erzählen, dass ein Magnetfeld, was 60mal in der Sekunde die Richtung wechselt, keinen Einfluss auf meinen Körper haben soll. Das kann ich gar nicht glauben.

Im Kontext dessen, was hier um Ihr Dorf herum passiert – für wie demokratisch halten Sie diese Entwicklung?

Naja, wir leben ja in einer Demokratie – Gott-seidank. Und die demokratische Entwicklung in Deutschland hat ja erst nach dem zweiten Weltkrieg begonnen, sagen wir mal so. Das war ja auch ein Prozess, der nicht so schnell vorangegangen ist. Und hier in Salzgitter hat man die demokratische Entwicklung durchaus mitgetragen – und auch in Bleckenstedt. Politische Vereine, wie CDU und SPD, waren hier schon ganz früh vertreten und haben auch Vertreter im Ortsrat gehabt. Die Demokratie hat sich hier in Bleckenstedt beziehungsweise in der Stadt Salzgitter doch sehr gefestigt. Da bin ich ganz sicher und das sehe ich auch heute noch so. So wie die Entwicklung gerade ist, bin ich nicht so glücklich drüber. In den letzten Kommunalwahlen zeigte sich schon das Aufkommen der AfD.

Bei der Bundestagswahl hat die Bevölkerung die Möglichkeit sich demokratisch einzubringen, woraus eine politische Agenda für Deutschland entsteht. Nun ist Bleckenstedt scheinbar mit den Entscheidung dieser Agenda konfrontiert.

Wir spüren die negativen Auswirkungen dieser Entscheidungen, das kann man so sagen. Ich hätte mir nie gewünscht, dass hier ne 400.000 Volt-Leitung durchkommt. Aber die Industrie entscheidet einfach. „Ja wir brauchen die, um grünen Stahl zu produzieren“ – das wird uns ja erzählt. Aber wer sagt mir denn, dass die 400.000 Volt-Leitung nur grüne Energie hier her transportiert? Klar, es kommt irgendwo aus dem Norden, wo also viele Windkraftanlagen stehen, aber ich finde, niemand hat uns gefragt, ob wir das wollen oder nicht. Wir haben zwar die verschiedenen alternativen Routen für den Leitungsverlauf dieser 400.000 Volt-Leitung gesehen, aber es war nie eine Alternative, sie gar nicht zu bauen. VW und die Salzgitter AG haben das gefordert, weil die das wohl so brauchen.

Bei der Erschließung von Schacht KONRAD wurden Sie aber auch nicht demokratisch eingebunden?

Ja, ja es hat niemand gefragt, ob wir Schacht KONRAD haben wollen oder nicht. Das ist schon richtig. Aber damals waren wir ja noch der Meinung: Oh prima! Es gibt Arbeitsplätze. Und das hat uns wirklich gefreut. Ne, das war alles nur positiv – der Schacht KONRAD. War ja nicht so, wie jetzt mit der Leitung, dass das was Negatives war, was da gebaut wurde. Das hat auch nicht weiter gestört. Da oben steht dieser Turm und macht keinen Krach, keinen Dreck. War gar nicht schlimm für uns – überhaupt nicht. Im Gegenteil: Wie gesagt, wir durften manchmal Baden gehen da oben. Ja Sie lachen. Hier hatte keiner ein Badezimmer mit fließend Wasser. Hier wurde noch in der Zinkwanne gebadet. Und so gesehen war das alles positiv für uns. Dass da mal sowas draus werden würde, konnte damals niemand voraussehen.

Was würden Sie sich dann wünschen mit Hinblick auf die Entscheidungen der Regierung und der Industrie?

Mitspracherecht. Das wäre schon mal nicht schlecht. Aber das wird über unsere Köpfe hinweg entschieden. Genauso das Endlager – niemand fragt die Leute. Es wird gemacht und fertig. Und ein Entscheidungsprozess, bei dem die Bevölkerung ein Mitspracherecht hätte, wäre meiner Ansicht nach gut. Aber da gibt es eigentlich keine Hoffnung.

Das Anliegen der AG Schacht KONRAD ist ja der Wunsch nach Transparenz – dass es ein neues Gutachten gibt. Wie schätzen Sie das ein?

Ziel der AG Schacht KONRAD ist es ja, das Endlager zu unterbinden, gar nicht erst entstehen zu lassen. Und ich halte es eigentlich für zwingend, dass man eine neue Untersuchung, nach neustem Stand der Technik, macht. Denn es können daraus ja wirklich schlimme Dinge entstehen. Wenn also wirklich die Betreiber ihr Lager absaufen lassen, wie es ja geplant ist, was dann daraus entstehen kann? Diese Sarkophage, die da unten eingelagert werden, die bekommt man auf die Dauer gar nicht dicht. Das geht gar nicht. Irgendwann wird Wasser eindringen in die Dinger und dann entstehen chemische Prozesse, die niemand vorhersehen kann. Dann werden sich die Nuklide auf den Weg machen, um uns das Leben schwer zu machen. Und Sie und ich, wir werden das vielleicht nicht mehr spüren, aber dafür unsere Nachfahren, die dann darunter zu leiden haben, deren Entwicklung dadurch beeinflusst ist. Dann kann man das Ganze nicht mehr rückgängig machen. Wenn man jetzt wenigstens so schlau wäre und lässt das Ding nicht absaufen – lässt es so bestehen, wie es ist. Sicher, das kostet dann weiterhin Geld. Man würde belüften, kontrollieren. Da sind dann Folgekosten da. Aber jetzt einfach absaufen lassen? Da gibt es dann erstmal keine Folgekosten. Aber was passiert denn dann, wenn die gesundheitlichen Dinge auf uns zukommen? Wer trägt denn dann die schweren Kosten? Die, die das hier mal verantwortet haben, sind dann längst tot. Die werden es nicht mehr tragen müssen. Aber die Bevölkerung, die nachkommt, hat es dann auszuhalten. Also sinnvoll wäre es, das wirklich trocken zu lassen. Vielleicht besteht ja irgendwann dann die Möglichkeit, das Zeug auch wiederzuverwenden. Das weiß man ja alles gar nicht. Vielleicht braucht man das irgendwann mal. Und nur um daraus wieder irgendwelche Energie zu gewinnen.

Das hört sich so an, als würde eigentlich alles falsch gemacht werden?

Im Grunde ja. Also am besten ist, gar nicht einlagern oder eben ein Endlager zu finden, wo man alles reintun kann, sowohl schwache als auch starke Radioaktivität. Die Schweiz macht das gerade vor. Die haben ja irgendwo so einen Ort gefunden. Aber warum um Himmelswillen, schließt man nicht einen Vertrag mit der Schweiz?

Also eine internationale Lösung?

Genau. Eine internationale Lösung, die groß genug ist, um auch wirklich sämtlichen Atommüll aufzunehmen. Man kann ja dafür Geld fordern. Aber ehe man hier in Bleckenstedt – ne in Bleckenstedt ja sowieso nicht – bis in Deutschland ein Endlager gefunden wird. Ich weiß es nicht. Es will sowieso keiner haben. Selbst wenn es im bayrischen Wald jetzt Gesteinsformationen gäbe, die das hergeben würden und geeignet wären, so ein Lager aufzunehmen, würde der bayrische Ministerpräsident sagen: „Ja, ihr habt sie doch nicht mehr alle! Ihr ward ja nie Tourismusland. Wir werden euch da niemals die Genehmigung geben, ein Endlager zu bohren. Niemals!“ Die wollen ihren Dreck alle loswerden, aber selber nicht haben. Ich glaube, in Finnland gibt es auch so einen Ort, an dem die einen Weg gefunden haben. Warum findet man da nicht eine gemeinschaftliche Lösung? Soo viel Atommüll gibt es ja nicht in Europa, dass man den nicht irgendwie da reinbringen könnte. Ist nur meine laienhafte Meinung.

Wie sehen Sie das Verhältnis aus Regierung und Industrie, vor allem auch im Kontext des Atomausstiegs?

Der Staat ist für das Wohl aller verantwortlich, sowohl für die Industrie, als auch für die Menschen im Staat. Und er muss ja dafür sorgen, dass die Industrie am Laufen bleibt, denn die zahlen die Steuern. Irgendwie müssen wir unseren Staat ja finanzieren. Und ich finde schon, dass wir demokratisch organisiert sind – ich denke mal, es ist sehr, sehr schwierig, jetzt eine Lösung zu finden. Die Industrie fordert immer nur. Die möchte jetzt also besondere Gaspreise haben – die möchten alles möglichst günstig haben, damit sie auch weiter hierbleiben. Es wird immer gedroht mit Arbeitsplatzabbau oder mit Abwanderung in andere Staaten. Und dem muss die Regierung Rechnung tragen. Das ist für mich eigentlich das schlimmste dabei, einen Konsens zu finden, aus Wunsch und Wirklichkeit. Da hat der Habeck jetzt also in der Gaskrise richtig geackert, uns Gas angeschafft und jetzt wird er verteufelt. Also das Volk ist undankbar, sag ich mal. Aber der Staat ist halt für das Laufen der Wirtschaft verantwortlich. Und wenn die Wirtschaft nicht läuft, gibt es kein Steuergeld, da gibt es keine Kohle. Was mich besonders ärgert, als ehemaliger Sozialdemokrat, ist, dass man nicht endlich mal die Reichensteuer einführt und die Superreichen endlich mal besteuert. Da traut sich keiner ran. Also ich verstehe es überhaupt nicht – aber das hat jetzt nichts mit Schacht KONRAD zu tun.

Halten Sie die Endlagerung in Deutschland denn überhaupt für möglich?

Im Prinzip ja. Es gibt mit Sicherheit irgendwo Gesteinsformen, die das ermöglichen. Da bin ich ganz sicher. Worauf ich sehr sauer bin, ist, dass man gar nicht sucht. Es sucht ja keiner! Wird immer nur gesagt: „Ja, wir suchen ja, wir suchen ja.“ Man sieht aber nirgendwo in den Medien eine Stelle, wo ein Bohrturm steht, wo gesagt wird: „Wir bohren jetzt hier mal runter im bayrischen Wald, ob wir hier eine geeignete Gesteinsschicht finden.“ Haben Sie schon mal irgendwo eine Stelle gesehen? Also ich nicht. Also ich gucke regelmäßig Nachrichten, wirklich jeden Tag drei mal. Und ich habe nie irgendwo gesehen, dass sich irgendjemand bemüht, eine Stelle zu finden. Das heißt, da müsste ja dann auch erst wieder ein Schacht gebaut werden, ehe das soweit ist. Das würde auch noch zehn Jahre dauern, ehe man was einlagern kann. Wann die wirklich ernst machen, kann ich Ihnen auch nicht sagen. Bisher passiert da in Schacht KONRAD auch nichts. Deshalb kann es auch nicht sein, dass da schon was drin ist. Also es wird mit sicherlich nicht so werden, wie in der Asse, dass man das irgendwo reinkippt – das würden sie sich nicht erlauben. Aber niemand kann garantieren, dass da nicht auch höher radioaktive Sachen reinkommen, wenn dann richtig Kohle über den Tisch geht. Da kommt da auch rein, was da nicht reingehört – da bin ich ganz sicher.

zurück zum Text

Aus der drastischen Formulierung von Wassermassen, lässt sich ableiten, dass das Thema kein neues Problem ist und dass das daraus entstandene Problem schon von Anfang an zum Chrakter des Schachtes gehörte. Besonders hervorzuheben ist hier jedoch der Wert des Zeitzeugenberichtes, der das Ausmaßes des Problems hervorhebt.

zurück zum Text

Auch hier ist zu erkennenm, dass das lokale Wissen einen Eindruck davon geben kann, dass die technischen Möglichkeiten begrenzt seien können. Zwar tauchen im Planfeststellungsbeschluss von 2022 Pläne auf, wie mit dem Wasser umgegeangen werden soll, jedoch zeigt bereits die ASSE nur ein paar Kilomter weiter, dass bereits fehlerhaft gearbeitet wurde – das daraus entstandene Misstrauen in die Zuversicht, lässt sich auch hier erkennen.

Vorwort Jörg Langenberg Bleckenstedt 1976-2000 Silke Westphal 2002-2011 Speculation
Atomsemiotik
2011-2023 Ursula Schönberger
Memos

 

[schließen]

[schließen]

Herausgeber

Anton Rusch

Redaktion und Gestaltung

Anton Rusch

Vielen Dank an die Interviewpartner*innen

Jörg Langenberg
Silke Westphal
Christin Selensky
Carsten Kawka
Ursula Schönberger

Vielen Dank

Jannes Ulbrich
Konstanze Schirmer
Jutta Tränkle
Klaus Neuburg
Simon Roth
Steffi Schlensog
Ludwig Wasmus
Max Präkelt

Betreuung

Bianca Kóczán
Jutta Tränkle
Klaus Neuburg

Typefaces

ABC Asfalt Edu &
ABC Favorit Edu von Dinamo Typefaces

Veröffentlichung

Die Website basiert auf dem Buch
RESONANZ ZUM ENDLAGER, welches am 23.01.2024 veröffentlicht wurde. Das Buch entstand im Rahmen einer Bachelorarbeit im Studiengang Mediendesign an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften.
Die Website entstand als Projektarbeit im Master Transformation Design an der HBK Braunschweig.


© Anton Rusch

www.antonrusch.de

Kontakt

Telefon: 0176 41623432

E-Mail: info@antonrusch.de

Adresse: Schützenstr. 31, 38239 Salzgitter

Streitschlichtung Die Europäische Kommission stellt eine Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) bereit: https://ec.europa.eu/consumers/odr. E-Mail-Adresse finden Sie oben im Impressum. Wir sind nicht bereit oder verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Haftung für Inhalte Als Diensteanbieter sind wir gemäß § 7 Abs.1 TMG für eigene Inhalte auf diesen Seiten nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Nach §§ 8 bis 10 TMG sind wir als Diensteanbieter jedoch nicht verpflichtet, übermittelte oder gespeicherte fremde Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben hiervon unberührt. Eine diesbezügliche Haftung ist jedoch erst ab dem Zeitpunkt der Kenntnis einer konkreten Rechtsverletzung möglich. Bei Bekanntwerden von entsprechenden Rechtsverletzungen werden wir diese Inhalte umgehend entfernen. Haftung für Links Unser Angebot enthält Links zu externen Websites Dritter, auf deren Inhalte wir keinen Einfluss haben. Deshalb können wir für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seiten verantwortlich. Die verlinkten Seiten wurden zum Zeitpunkt der Verlinkung auf mögliche Rechtsverstöße überprüft. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten ist jedoch ohne konkrete Anhaltspunkte einer Rechtsverletzung nicht zumutbar. Bei Bekanntwerden von Rechtsverletzungen werden wir derartige Links umgehend entfernen. Urheberrecht Die durch die Seitenbetreiber erstellten Inhalte und Werke auf diesen Seiten unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftlichen Zustimmung des jeweiligen Autors bzw. Erstellers. Downloads und Kopien dieser Seite sind nur für den privaten, nicht kommerziellen Gebrauch gestattet. Soweit die Inhalte auf dieser Seite nicht vom Betreiber erstellt wurden, werden die Urheberrechte Dritter beachtet. Insbesondere werden Inhalte Dritter als solche gekennzeichnet. Sollten Sie trotzdem auf eine Urheberrechtsverletzung aufmerksam werden, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis. Bei Bekanntwerden von Rechtsverletzungen werden wir derartige Inhalte umgehend entfernen.

Quelle: eRecht24

[schließen]